Seit dem in der Erstauflage des Buches dargestellten Stand der Naturraumerkundung konnte das Verfahren durch Erfahrungszuwachs aus Kartierung und Entwicklungsarbeit zur Methode reifen. Daran hat vielseitger Wissenzufluss wesentlichen Anteil; der anschließend gewürdigt werden soll.
Im Vordergrund soll dabei als Inhalt dieses ersten Bandes die Basisstufe der Naturraumerkundung stehen.
Von den Naturraumfazies gehören seitdem neben den mineralisch-terrestrischen Naturräumen und den Mooren als semiaquatische Naturräme auch die Seen und Fließgewässer als aquatische Naturräume zum Methodenkonzept.
Durch das Greifswalder Institut für Botanik und Landschaftsökologie wurde die Kennzeichnung und Klassifikation der Moornaturräume weiterentwickelt und dem Methodenkonzept der Naturraumerkundung noch enger angepasst (Succow u. Jeschke 1986, Succow u. Joosten 2001, Koska 2006, ferner Abschn. B2 in diesem Buch mit weiterer Literatur, vgl. auch Jeschke 1997)).
Die von M. Succow begonnene naturräumliche Kennzeichnung und Klassifikation der Seen (Succow u. Kopp 1985) wurde durch R. Mauersberger fortgesetzt (Mauersberger 2006 ferner Abschn. B3 in diesem Buch). Für die Fließgewässer in naturräumlicher Sicht wurde ein unserem Verfahren naher Ansatz erarbeitet (Mehl 2006, ferner Abschn. B4 dieses Buches), nachdem bereits 1998 ein noch nicht mit unserem Vorhaben abgestimmtes Buch über die Fließgewässer als Naturraumtypen veröffentlicht wurde (Mehl u. Thiele 1998).
Für den Boden als Naturraumkomponente der Landflächen begann nach der Wende eine seitdem andauernde Zusammenarbeit mit dem bodenkundlichen Stellen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (Hartwich, Adler u. Altermann 1996, Hartwich 2001). Sie gipfelt in einem gemeinsam erarbeiteten von der Bundesanstalt herausgegebenem Atlas unter dem Titel Böden des nordostdeutschen Tieflandes und ihr Zusammenwirken mit Relief, Klima und Vegetation - Kartenwerk nach Methoden der forstlichen Standortserkundung (Kopp, Hartwich, Adler, Behrens 2003). Trotz weitgehender Annäherung der Bodenklassifikation stehen einer vollständigen Abstimmung noch unterschiedliche Auffassungen in den genetischen Grundlagen entgegen und unser Grundsatz, dass der Boden als Naturraumkomponente in Abstimmung mit den anderen Naturraumkomponenten klassifiziert werden muss, während der Boden bei den geologischen Diensten prinzipiell unabhängig von den anderen Komonenten klassifiziert wird.
Wissenszufluss aus der landwirtschaftlichen Boden- und Standortserkundung brachte der Austausch mit den Forschungsstätten in Eberswalde und Müncheberg (besonders Hierold und Schmidt 1997, Schmidt 2006, Michel 2006, Schmidt u. Michel 2006) sowie eine zunehmende Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Boden und Bodenwasser Bad Freienwalde von Dr. R. Michel. Dieser Zusammenarbeit verdanken wir mit einem Vorschlag zur Kartierung von Krumenzustandsformen für Ackerland (Michel 2006, ferner Abschn. B1.1.3.2 in diesem Buch) einen wichtigen Schritt zur Annäherung der Bodenerkundung auf Agrarflächen an die Naturraumerkundung. Als Ergänzung zu den zweigübergreifend geltenden Stamm-Bodenformen werden damit auch für Ackerland wirtschaftsbedingte Fruchtbarkeitsunterschiede auf der Basis von Stammeigenschaften gekennzeichnet.
Zu Fortschritten in den genetischen Grundlagen führte die Zusammenarbeit in einer ad-hoc-Arbeitsgruppe aus M. Altermann, K.-D. Jäger, D. Kopp, A. Kowalkowski, D. Kühn, W. Schwanecke und zeitweise A. Semmel. Dabei erwiesen sich die Vorgänge im (paläo-) periglaziären Milieu des Spätplazials als beherrschend für die Genese der braunerdeartigen Böden (Braunerde, Bänderbraunerde, Fahlerde) als den wichtigsten Böden der Naturraumregion. Eine Veröffentlichung dazu unter dem Titel Kennzeichnung und Gliederung von periglaziär bedingten Differenzierungen in der Pedosphäre ist in Vorbereitung (Altermann u.a. 2007), eine weitere ist bereits veröffentlicht (Kowalkowski 2006) und eine dritte erläutert die Anwendbarkeit in beispielhaften mitteleuropäischen Naturraumregionen nach den Kartierungsergebnissen der forstlichen Standortserkundung (Kopp u. Schwanecke 2007).
Eine weitere Vertiefung der genetischen Grundlagen bringt ein von der Bundesanstalt für Geowisschenschaften beauftragtes Thema: Die Sand-Braunerde als kryogener Boden in ihrer Verzahnung mit temperaten Böden nach forstlichen Standortskarten in den Urstromtälern des nordostdeutschen Tieflandes (Kopp 2006).
Für die Naturraumkomponente Vegetation konnten auf Betreiben L. Jeschkes und durch seine Mitarbeit die Stamm-Vegetationsformen des nordostdeutschen Tieflandes verfeinert nach den Entwicklungsstadien Vor-, Zwischen- und Hauptwald gekennzeichnet werden, wobei das Hautpwaldstadium bestimmend ist (Knapp u. Jeschke 1991, Jeschke 1996, 2001, dazu auch Kopp 2003, ferner Abschn. B1.2... und B1.4 dieses Buches). Diese Neuerung hat sich bereits in der mittelmaßstäbigen Naturraumkarte Mecklenburg-Vorpommerns niedergeschlagen: alle 72 Kartenblätter 1:50000 haben neben der Blattvariante mit geostrukturellen Mosaiktypen eine zweite Blattvariante mit Stamm-Vegetationsmosaiktypen im Rahmen von Ökochorentypen, und alle Vegetationsmosaike sind definiert nach Hauptwald- sowie Zwischen- und Vorwaldstadium. Etwa zeitgleich haben auch Otto (1994) und Thomasius (Thomasius u. Schmidt 1996) die Fassung der Waldvegetation in Entwicklungsstadien begonnen.
Die Fassung der Vegetationsformen in Entwicklungsstadien wird auch bei abgewandelter Vegetation angewendet, so als Kiefern-Regradationsvorwald oder bei Offenland-Vegetationsformen als Vorstadium zu spontaner Wiederbewaldung (Kopp, Jeschke, Baumgart und Linke 2002).
Ein wichtiges Ergebnis bei der Zusammenarbeit in vegetationskundlichen Fragen sind die von M. Manthey erarbeiteten Vegetationsformen des Ackerlandes und der Ackerbrachen zur Indikation des Krumenzustandes (Manthey 2003, ferner Abschn. B1.6.4 dieses Buches).
Nachdem bei der Erkundung des fremdstoffbedingten Zustandswandels zuerst die Aufbasung durch SO2-begleitende basische Flugaschen im Vordergrund stand, wurde seit Beginn der 1980iger Jahre die Stickstoffeutrophierung von Boden und Vegetation beherrschend. Unsere eigne Erkundung dazu, vorwiegend im Rahmen von Monitoring-Programmen Mecklenburg-Vorpommerns (Kopp u. Lehninger 1996, Dieckmann 2004), Brandenburgs (Konopatzky, Kallweit u.a. 1997), der Tieflandsteile von Sachsen-Anhalt (Konpatzky 1996 und Sachsen (.......2000) sowie für das nordostdeutsche Tiefland insgesamt (Konopatzky u. Kirschner 1996), wurde bereichert durch die Eberswalder forstliche Forschung zu diesem Thema (besonders Hofmann, Heinsdorf u. Krauß 1990, Heinsdorf u. Krauß 1991, Heinsdorf u.a. 1991, 1992, Heinsdorf 1995, Heinsdorf und Beck 2003, Anders u.a. 1999) sowie durch Ergebnisse zum übergreifenden Umweltmonitoring (Kopp, Nagel u. Henze 1995, Nagel u. Gregor 1999). Hinzu kam das Wissensgut aus dem polnischen Tiefland, vorwiegend vermittelt durch A. Kowalkowski (zusammenfassend bei Jo‘z’wick u. Kowalkowski 2004) und das Wissensgut aus dem nordwestdeutschen Tiefland (besonders Büttner 1997, Meesenburg, Meiwes u. Schulz-Sternberg 1994, Meesenburg, Rademacher u. Meiwes 1998, Meesenburg, Schulze u. Meiwes 2002).
Mit Abschnitt B7 dieses Buches versuchen wir, unsere Naturraumerkundung in Zusammenarbeit mit Klimatologen interpretationsfähig für Fragen des Klimawandels zu machen. Eine Übersicht über das gegenwärtig gesicherte Wissen für die Naturraumregion verdanken wir P. Hupfer (Abschn B7.1 dieses Buches). Aus dem klimageschichtlichen Wissen zum Spätglazial ergibt sich, dass – zunächst für die Temperatur – die im Spätglazial vorkommende Schwankungsspanne mit dem Anstieg seit ....... überschritten wird (Jäger 2006). Ein Versuch, Auswirkungen des Klimawandels auf andere Naturraumkomponenten auf der Basis unseres naturräumlichen Erkundungswerkes vorherzusagen, ist am Beispiel der Kohlenstoffspeicherung für plausible Wandlungsszenarien angelaufen (Lasch,......., Kopp, Michel 2006). Eine Vorhersage über Verschiebungen von Vegetationszonen durch den Klimawandel hat H.D. Knapp unter besonderer Betrachtung der Buche versucht (Knapp 2006 und Abschn. B7.4 dieses Buches).
Das Verfahren der Naturraumerkundung als Ganzes konnte durch Beispielserkundungen gesichert werden. In der eignen Naturraumregion gehören dazu die Kartierung des ZALF-Testgebietes Nördliche Uckermark (Kopp, Jochheim, Pries u. Schöneich 2002, Jochheim, Kopp u. Pries 2004) und des Landkreises Oberhalvel (Kopp u. Schöneich 2003, Walther 2006). Die Kartierung des Testgebietes Nördliche Uckermark ist für die Gesamtlandschaft miitelmaßstäbig-großmaßstäbig nur für die bewaldeten Naturraumteile untersetzt. Bei der Kartierung des Landkreises Oberhavel wurden auch für die außerforstlichen Naturraumteile Naturraumformen großmaßstäbig kartiert. Der Landkreis Oberhavel ist somit das bisher umfassendste Beispiel einer umfassenden einer naturräumlichen Basiskarte aller vier Naturraumdimensionen, wenn man die meso- und makrochorische Einbindung hinzunimmt.
Beipielserkundungen außerhalb der Naturraumregion verdanken wir den Greifswalder landschaftsökologischen Arbeiten M. Succow (Succow u. Autorengruppe 2002) und seiner Schüler durch Erkundungen im Tienschan (Gottschling 2001, erweitert um 6 Dipl.arbeiten, Gottschling 2002), bei. Eine Darstellung dazu ist für den Teil F dieses Buches Anwendbarkeit in Naturraumregionen außerhalb des nordmitteleuopäischen Tieflandes im Band II vorgesehen.
Von anderen Verfahren kommen innerhalb der Naturraumregion dem eignen Verfahren am nächsten die Naturraumkarte 1:50000 von Sachsen (Sander 1999) sowie der Methodenansatz von R. Schmidt und R. Michel im Abschnitt Landschaftsanalyse des Buches über die Forschungsergebnisse im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin (Flade, Plachter, Schmidt u. Werner 2006). Viele Gemeinsamkeiten mit beiden Verfahren stammen aus der gemeinsamen Arbeit in dem Leipziger Forschungsverband zur Naturraumerkundung.
Sonst besteht zwar vielseitiger Austausch mit Erkundungseinrichtungen für einzelne Naturraumkomponenten, vor allem des Bodens und der Vegetation, oder für einzelne Nutzungszweige, vor allem Land- und Forstwirtschaft. Das daraus in unser Verfahren einfließende Wissen bezieht sich aber eher auf Teilaspekte; der Austausch zum Gesamtverfahren fehlt bei diesen nur Teile erfassenden Arbeitsweisen.
An diesem Mangel leidet auch die Zusammenarbeit mit der forstlichen Standortserkundung der westdeutschen Bundesländer. Auch hier beschränkt sich die Zusammenarbeit auf Teilaspekte und bleibt daher unbefriedigend. Sie käme voran, könnten sich die westdeutschen Länder zur (nachträglichen) Einbindung in das Methodenkonzept einer zweigübergreifenden Naturraumerkundung entschließen.
Wissenszufluss über die Basisstufe der Naturraumerkundung hinaus soll hier nur angedeutet werden; Genaueres folgt erst im Band II, wenn die Interpretation auf Funktionstüchtigkeit sowie die zweigübergreifende und zweigbezogene Nutzungsinterpretation behandelt werden.
Voran steht Wissenszufluss bei der Interpretation für den Naturschutz. Sie betrifft die Entwicklung von landesweiten Schutzgebietssystemen für Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern (Lorenz u. Fasold u.a. 1996, Thiel 1996, Autorengem. 2001, Lorenz u. Fasold 2002) auf mittelmaßstäbig-mikrochorischer Kartengrundlage; und sie gilt für ausgewählte Schutzgebiete mit mittelmaßstäbig-mikrochorischer Naturraumkarte für die Gesamtlandschaft und topisch-großmaßstäbiger Kartengrundlage für die bewaldeten Naturraumteile und zwar für folgende Auswahl von Großschutzgebieten:
- Müritz-Nationalpark (Abschn. 4.1 in Kopp, Jeschke, Baumgart u. Linke 2002, M. Schwabe mdl. Mitt. 2006)
- Nationalpark Jasmund
- Nationalpark Boddenlandschaft
- Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin (Pries 1990)
- Naturpark Feldberger Seenlandschaft (Autorengem. 1997)
- Naturpark Nossenthin-Schwinzer Heide (......)
Wissensgut aus den Naturschutzeinrichtungen ist in unser Verfahren auch eingeflossen bei der gemeinsam erarbeiteten Methode zur Bestimmung der Naturnähe von Waldnaturräumen auf naturräumlicher Grundlage (Kopp, Jeschke, Baumgart, Linke 2002).
Erste Interpretationen für den Bodenschutz verdanken wir der Zusammenarbeit mit R. Michel und T. Schatz unter der Auftraggeberschaft des Landesumweltamtes Potsdam (Kopp, Michel u. Schatz 2005).
Mit einem landesweiten Kartensatz 1:50000 Naturraumbezogene Richtgrößen der Zielbewaldung für die Planung der Waldmehrung in Mecklenburg-Vorpommern wird eine Optimierung der Nutzungsartenverteilung vorbereitet (Kopp 2001 mit Kartensatz 1:50000). Dazu verdanken wir Wissenszufluss von einigen Mitarbeitern der Schweriner Landwirtschafts- und Umweltministeriums.
Weiterhin konnten wir durch Zusammenarbeit mit Mitarbeitern von Landkreisen und Planungsbüros sowie begleitenden Wissenschaftlern Erfahrungen sammeln für die Interpretation der Naturraumkarten für die Landschaftsplanung. Das betrifft vor allem die Landschaftsrahmenplanung für den Kreis Märkisch-Oderland, der als Vorbild für Brandenburg gedacht war (Abschlusstagung unter Autorengem. 1994). Dafür wurde das allgemeine Wissen über die ökologischen Grundlagen des Umweltschutzes und über die Methoden der Landschaftsplanung (Haber 1993, Buchwald u. Engelhardt 1993-96) verarbeitet.